Die kostenlos Entscheidung

Rätsel FragezeichenFacebook ist kostenlos. Ist das nicht toll? Da gibt es eine Plattform, die mir unbegrenzte Möglichkeiten zur Selbstdarstellung gibt und ich muss keinen einzigen Cent dafür bezahlen. Die Google-Suche ist kostenlos. Unglaublich! Dabei beantwortet die Suchmaschine beinahe jede Frage in weniger als einer Zehntel-Sekunde!

Die Nachrichten auf Spiegel, n-tv, Zeit, Bild, etc. sind kostenlos. Wir bekommen heute schon die ersten Meldungen, während sich die Lage noch entwickelt.

Warum ist das alles kostenlos? Klar, wir könnten über die Ökonomie der Märkte argumentieren. Dass ein Preis von Null den Bedarf ins unendliche schießen lässt. Wir könnten aber auch von uns ausgehen. Wenn Facebook etwas kosten würde, dann ließen wir es vermutlich sein. Denn welchen Mehrwert haben wir von Katzenbildern, Fake-Hoaxes und einer unendlichen Abfolge kaum erträglicher Selbstdarstellungen?

Aber es ist kostenlos. Wir müssen nicht abwägen, ob uns Facebook z.B. 10 Euro pro Tag wert ist. Also verbringen wir unsere Zeit mit Katzenbildern, Fakes und Selbstdarstellungen und hin und wieder dem einen oder anderen persönlichen Kontakt.

In den alten Tagen hieß es immer, Zeit ist Geld. Allerdings hat der durchschnittliche Bundesbürger da auch noch nicht 4 Stunden täglich mit Fernsehen und Internet verbracht. Was könnte man nicht alles mit 4 Stunden täglich anfangen? Zum Beispiel in drei Monaten eine europäische Fremdsprache erlernen. Man könnte auch ein eigenes Buch schreiben oder man könnte die Zeit einfach mit dem Partner verbringen.

Denn der häufigste Trennungsgrund ist nicht, dass der andere so unerträglich ist. Vielmehr ist es der Wunsch, dass man dem anderen nicht gleichgültig ist. Wer aber gerade über Facebook chattet, geht gerade nicht auf die Wünsche seiner besseren Hälfte ein.

“Kostenlos” ist eine Entscheidungsfalle, auf die wir hereinfallen können. Doch kostenlos ist nicht kostenlos. Die Kosten sind nur viel unmittelbarer als uns das bewusst ist.

Stellen wir uns einmal vor, wir gehen in ein Kaufhaus und schlendern zufällig an einer inhouse Dessous-Modenschau vorbei und bleiben kurz stehen. Schön nicht? Der Ausblick ist sogar kostenlos!

Stellen wir uns weiter vor, dass uns ab jetzt drei der Dessous-Modells durch das ganze Kaufhaus folgen und immer wieder auf die Sonderangebote an ihrem Körper hinweisen. Aufdringlich! Aber es geht weiter. Wir verlassen das Geschäft und gehen gegenüber zur Apotheke.

Doch die Dessous-Modells lassen nicht von uns ab. Jetzt wird es peinlich. Die Verkäuferin in der Apotheke schaut uns fragend an und wir verlassen das Geschäft, ohne etwas gekauft zu haben. Eigentlich wollten wir ein Multivitaminpräparat, aber unter diesen Bedingungen fehlt uns die Ruhe dazu.

Gehetzt schauen wir uns um. Tatsächlich: Neben unseren drei Dessous-Modells folgt uns jetzt auch noch eine überdimensionale Figur in den Farben von Multivitamin. Was für ein Horror!

Am liebsten möchten wir uns heulend in die Ecke stellen. Aber da sitzt schon einer und möchte uns ein natürliches Antidepressivum andrehen. Ach nein! Das ist ein Penner mit einer Flasche Rachenputzer. Plötzlich verstehen wir nur zu gut, wie man dort enden kann.

Endlich! Ein Polizist! “Ich habe Werbestalker, können Sie dafür sorgen, dass sie mich in Ruhe lassen?” Nein kann er natürlich nicht. Denn wir sind ja freiwillig ins Kaufhaus und in die Apotheke gegangen. Da ist es völlig legitim, dass wir solange verfolgt werden, bis wir etwas gekauft haben.

Ein Albtraum? Nein! Im Internet ist das die Realität. “Kostenlos” bezahlen wir mit unserer Zeit und mit unseren Daten. Wollte meine Frau sehen, was ich in den letzten Tagen für sie gekauft habe, müsste sie nur schauen, welche Werbung in meinem Browser läuft. An der Parade der Internetstalker lassen sich meine Einkäufe ziemlich gut zurückverfolgen.

Welche der heutigen Kostenlos-Angebote würden wir nutzen, wenn jedes davon 10 Euro kosten würde? Zehn Euro sind kein großer Betrag. Am Geld würde es also nicht wirklich liegen. Wir würden uns nur die Frage stellen, ob es das wert wäre. Und das ist die Schlüsselfrage. Was ist es uns tatsächlich wert? Was verdient unsere Aufmerksamkeit und was nicht?

Die Sache mit der glaubhaften Positionierung

SchachViele verstehen unter »Positionierung« in erster Linie eine Marketingaussage. Du, lieber Markt, sollst mich so und nicht anders wahrnehmen. Zum Beispiel könnte sich ja jemand als »der frische Wind im Unternehmen« positionieren.

Unabhängig davon, ob dieses Angebot wirklich gesucht ist, kostet jede Positionierung Geld und Zeit. Unser Marketing-Material muss eine gute Geschichte erzählen und wir brauchen Veröffentlichungen, in denen wir den »frischen Wind« glaubwürdig vertreten.

So weit so gut. Die ersten Kunden werden aufmerksam und wir sprechen mit ihnen darüber, was wir für sie tun können. Nicht selten kommt es dann schon zum Lackmustest.

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