Der Moment der Entscheidung

image Ich wundere mich immer wieder, wie viel Bedeutung wir dem Entscheidungsmoment geben. Es ist ja richtig, was Tony Robbins sagt, “im Moment der Entscheidung schmieden wir unser Schicksal”.

Dennoch kommt es selbst beim Schmied auf einiges mehr an, als den Moment des Schmiedens. Er muss wissen, was er will. Er wählt das dazu passende Material aus – ein Hufeisen verlangt nach einem anderen Stahl als ein Messer. Er muss für die richtige Temperatur sorgen und den Schmiedeprozess planen.

Stellt er sich dann mit dem Rohling ans Feuer, ist ein Hauptteil seiner Arbeit schon getan.

Der Ofen ist aus

Auch wir als Entscheider haben für unseren Erfolg bereits lange vor dem Entscheidungsmoment vorgesorgt. Wir haben eine klare Vorstellung von dem, was wir in der Zukunft erreichen wollen. Zwischenziele markieren den Weg dorthin. Wir wissen also um den Beitrag, den unsere Entscheidung im Rahmen des Weges leistet. Wir wissen genau, was wir in dieser Situation wollen. Kurz: wir kennen unseren Bedarf.

So wie Joachim Löw seinen Bedarf kannte. Er wollte eine Mannschaft schaffen, die durch Spielfreude und taktische Finesse jeden Gegner bezwingen kann. Doch das geht weit über die eigentliche Auswahl von Spielern bei den Vereinskadern hinaus.

  • Deutschland hat eine lang vernachlässigte Entwicklung junger Talente systematisiert.
  • Alle U-Mannschaften spielen heute das gleiche System wie die A-Mannschaft.
  • Regelmäßige Fitness-Tests sorgen dafür, dass niemand nach 60 Minuten schlapp macht.
  • Alle wichtigen Mannschaften werden über lange Zeit beobachtet und ihre Schwächen analysiert.

Material-Sammlung

Bei unseren Entscheidungen sorgen wir für attraktive Alternativen, die unseren Bedarf möglichst gut abdecken können.

Talentförderung und intensives Scouting ermöglichen dem Trainer­team, ihre Auswahl an Spielern zu treffen, die so spielen können, wie Jogi sich das vorstellt.

Das Feuer entfachen und einheizen

Da niemand heutzutage mehr ohne die hilfreiche Hand anderer Men­schen auskommt, sorgen wir für schon im Vorfeld der Entscheidung für die größtmögliche Unterstützung durch unser Umfeld.

Dazu kommt uns unser klares Zukunftsbild sehr gelegen. Denn wir suchen nicht die Unterstützung für einzelne Maßnahmen sondern für unsere Ziele.

Hat sich unser Umfeld einmal für unsere Ziele ausgesprochen, unterstützt es uns auch bei wenig populären Maßnahmen. Denn wir alle wissen, dass das Leben kein Blümchenpark ist. Gelingt uns das, haben wir die notwendige Unterstützung, egal wie unsere Entscheidung ausfallen wird.

Mit der Unterstützung hat es beim Bundestrainer nicht immer so hin gehauen, wie er sich das vielleicht wünscht. Das Platzen der Ver­tragsverhandlungen im Winter und die Personalie Mathias Sammer als DFB Sportdirektor zeigen, dass er da noch mehr bewegen muss. Allerdings könnte sich das durch die Ereignisse in Südafrika ändern.

Das zeigt, dass wir als Entscheider uns zunächst das Vertrauen un­seres Umfelds verdienen müssen. Wer tolle Visionen entwickelt, aber nichts davon umsetzt, kann auf wenig Unterstützung hoffen.

Schmieden

Die Entscheidung selbst, welche unserer vielen attraktiven Hand­lungsalternativen wir dann umsetzen, fällt meistens schnell und rela­tiv unspektakulär. Da wir schon alles unter Dach und Fach haben, wird uns nicht sehr heiß dabei und Funken fliegen auch nicht. 🙂

Ich werde immer wieder gefragt, ob wir uns so viel Aufwand für eine Entscheidung heute überhaupt leisten können.

Eine berechtigte Frage

Ich kann diese Frage gut verstehen, bezögen wir den Arbeitsaufwand wirklich auf eine einzelne Entscheidung.

Tatsächlich gibt es hier enorme Skaleneffekte. Eine Vision entwickeln wir nicht für eine einzelne Entscheidung. Leben wir täglich unsere Vision, kennen wir jederzeit unseren Bedarf. Da wir uns die Unter­stützung für unsere Ziele und nicht für Einzelmaßnahmen sichern, müssen wir auch nicht bei jeder einzelnen Entscheidung auflaufen.

Der einzige Aspekt, der etwas Zeit braucht, ist die Schaffung geeig­neter Handlungsalternativen. Allerdings können wir uns gar nicht leisten, darauf zu verzichten. Denn was nutzte es, wenn wir genau wissen, was wir wollen und potentiell die Unterstützung unserer Umgebung haben, aber wir haben keine passende Handlungsoption?

Das ist als würde Jogi Löw nur zweit- und drittklassige Spieler zur Auswahl haben. Das von ihm bevorzugte Spiel wäre dann nicht mög­lich.

Zeitprobleme sind Entscheiderprobleme

Ohnehin entstehen die meisten Zeitprobleme, weil wir im Vorfeld falsche Entscheidungen getroffen haben, die wir später korrigieren müssen. Gute Entscheider stehen daher selten unter Zeitdruck.

Ein Mißverständnis

Der Moment der Entscheidung ist nur der Zeitpunkt, an dem alle guten Ergebnisse, die wir im Vorfeld erarbeitet haben zusammen kommen. Wer eine Entscheidung anhand des Moments, zu dem sie fällt beurteilt, weiß daher im Grunde gar nicht, was er da sieht.

Es ist wie mit Jogis Jungs in Südafrika. Die Spiele der Deutschen Nationalmannschaft begeistern uns. Doch die eigentliche Arbeit wurde schon lange vorher geleistet.

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