Gedankenviren und Entscheidungen

SW Fotokopie KJL nettSpätestens seit den ersten Priming-Experimenten wissen wir, dass unsere Entscheidungen stark davon abhängen, mit welchen Themen wir uns aktiv beschäftigen. Zum Beispiel neigten Studenten dazu, bei Testaufgaben weniger zu betrügen, wenn sie zuvor in einer Aufgabe die zehn Gebote aufschreiben mussten. Selbst wenn sie durch ihren Betrug einen finanziellen Vorteil gehabt hätten.

Das gibt uns zu denken

Wir sollten aufpassen, womit wir uns beschäftigen. Schreiben wir zum Beispiel einen Artikel darüber, wie gut uns Fastfood in unserer Jugend geschmeckt hat, könnte unsere Restaurantwahl am Mittag wenig überraschend ausfallen.

Alte Hüte

In den Marketing-Abteilungen großer Konzerne ist das längst bekannt. Gewinnspiele, um ein neues SmartPhone des Herstellers zu gewinnen à la »Schreiben Sie uns, warum Sie unbedingt ein XYZ-Phone haben müssen«, bauen erfolgreich auf den Priming-Effekt.

Christen leben nicht gesund

Eine Gruppe von Psychologen in Köln hat sich mit dem Priming-Effekt eines anderen christlichen Glaubenssatzes beschäftigt.

Der christliche Glaube trennt zwischen unserer sterblichen Hülle und unserer unsterblichen Seele. Der Körper wird irgendwann zerfallen, aber unsere Seele lebt weiter.

Wie sich jetzt herausstellt, führt dieser Körper-Geist-Dualismus zu schlechteren Entscheidungen als wenn wir uns als eine Einheit mit ultimativem Verfallsdatum betrachten.

Jedenfalls neigten Probanden dazu, ungesünder zu essen, wenn sie sich zuvor in einer Testarbeit mit dem Körper-Geist-Dualismus beschäftigt haben.

Genau genommen ist das auch absolut vernünftig. Wenn wir alle zwei Jahre ein neues Handy bekommen, gehen wir zwischenzeitlich nicht so sorgsam damit um, als wenn wir niemals wieder ein neues bekämen.

Atheisten leben gesünder

Das christliche Wegwerfkörper-Konzept führt uns also schneller zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums als einen selbstverliebten Atheisten. So könnten wir jedenfalls die Ergebnisse der Kölner Forscher interpretieren.

Türsteher gefragt

Wie dem auch sei. Wir sollten aufpassen, womit wir uns beschäftigen. Denn es könnte unsere Entscheidungen manipulieren, ohne dass wir uns dessen bewusst wären.

Denken wir zum Beispiel an die Nachrichten. Hier kriegen wir täglich das Negativste der Welt direkt serviert. Positive Nachrichten interessieren schließlich niemanden. Dafür gibt es keinen Markt.

Der moderne Journalismus: Totengräber unserer Kultur?

Wir dürfen uns fragen, inwiefern der moderne Journalismus unsere Entscheidungen als Gesellschaft verändert hat. Vielleicht gar nicht. Denn Nachrichten enthalten oft genauso viele Fakten, wie die Gerüchte in früheren dörflichen Gemeinschaften, über die sich alle das Maul verrissen haben.

Egal wie wir das sehen. Am Ende ist es unsere Entscheidung, womit wir uns beschäftigen oder nicht. Was wir in unsere Gedankenwelt lassen, wird später unsere Entscheidungen beeinflussen. Daran gibt es keinen Zweifel.

Sorgen wir dafür, dass es der richtige Einfluss ist.

P.S.: Hätten wir einen PC im Kopf, würden wir vielleicht von einem Virus sprechen, der unsere Daten manipuliert.

via SPON

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