Meinung: Steuerschauspiel

© Andrew Doran - FOTOLIATolle Sache! Die Steuerfander des BND sollen die Bankdaten von angeblich weit über tausend deutschen Steuerhinterziehern in Liechtenstein von einem Bankenerpresser gekauft haben. Das Ganze zum absoluten Schnäppchenpreis von 4,3 Millionen EURO. Angsichts von zu erwartenden 400 Millionen Mehreinnahmen bezeichnet das der eine oder andere Politiker der GroKo für vertretbar.

Erstaunlich war für mich, wer als erster an den öffentlichen Pranger gestellt wurde. Niemand anderes als der große Networker in Politik und im Gewerksschaftsmilieu Klaus Zumwinkel ist das erste prominente Opfer. Erstaunlich, wie das ZDF bei den Durchsuchungen von Büro und Privathaus so schnell vor Ort sein konnte. Ein wenig mag das nach öffentlicher Vorführung à la Mittelalter aussehen. Aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. 😯

Ich finde es in Ordnung, dass der Staat dafür sorgt, dass seine Bürger auf gerechte Weise ihre Steuern zahlen.

Der Stil ist ein wenig gewöhnungsbedürftig

Was mich ein wenig nachdenklich macht ist die Frage, ob es Sache des Bundesnachrichtendienstes sein kann, irgendwelche halbseidene Erpresser für ihre Taten zu beentlohnen. Rein wirtschaftlich kann es sich ja lohnen. Aber Steuerhinterziehung ist ein Vergehen, Erpressung eine Straftat (§ 253 Strafgesetzbuch).

Ich glaube, dass Erpresser keine großen Geschäfte mehr machen könnten, wenn sowohl Presse als auch Staatsanwaltschaften auf diese „ehrenwerten“ Tippgeber verzichten würden.

Update: [Zumindest die FDP-Haushaltsexperten sehen das auch skeptisch]

Da kann ich es schon verstehen, dass einige SPD-Poltiker den Strafrahmen von Steuerhinterziehung erhöhen wollen, denn dann könnte man hier vielleicht mit einer Kronzeugenregelung zugunsten des Erpressers argumentieren. 😮

Oder vielleicht auch nicht, denn im Regelfall bekommt der Kronzeuge ja kein Handgeld von 4,3 Millionen Euro für seine Aussage. 😯

Mir persönlich ist der Strafrahmen auch herzlich egal. Allerdings frage ich mich schon, ob man bei Steuerhinterziehung nicht von einem wesentlichen Aspekt unseres Rechtsstaats abrücken muss. Danach gilt ja heute: „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“.

Das ist nachvollziehbar, wenn jeder erwischte Sünder auch ohne große rechtliche Belehrung wissen kann, dass er sich strafbar macht. Bei unseren Steuergesetzen ist das leider heute nicht mehr der Fall. Legendär sind die Fälle, wo selbst Finanzbeamte nicht mehr wissen, wie eine Regelung anzuwenden ist. Wer kann denn heute ohne Steuerberater noch Steuergestaltungsmöglichkeiten nutzen?

Die Versucher lauern überall

Nahezu jede Woche bekomme ich von irgendeinem Unternehmen einen Anruf, das mir neue Möglichkeiten zur Steuerhinterziehunggestaltung schmackhaft machen will. Meine Antwort fällt dann immer gleich aus. Kein Interesse!

Aber ausnahmsweise stimme ich Herrn Ottmar Schreiner von der bayerischen SPD zu, dass es strafbar sein sollte, untaugliche Steuersparmodelle anzubieten.

Die öffentliche Hinrichtung einer Person

Bleibt noch die Sache mit dem öffentlichen Pranger. Aus dem beobachtbaren Verhalten der Verantwortlichen könnten wir der Meinung sein, dass die Infos auf der DVD mit den Bankdaten doch nicht so toll sind. Daher wird erst einmal ein besonders großer Fisch durch die Jauche gezerrt, damit möglichst viele Angst bekommen und zur Selbstanzeige schreiten.

Andere Deutungsmöglichkeit: Ohne die Selbstanzeigen würden die Finanzgerichte und Strafgerichte so beschäftigt sein, dass einige Sünder wegen Verjährung  straffrei ausgehen. Das wäre dann natürlich nicht gerecht. All das ist natürlich nur Spekulation. 🙂

Ich wundere mich auch über die zahlreichen Menschen in der Öffentlichkeit, einen einzigen Fall so verallgemeinern wollen, dass eine ganze Gruppe von Menschen (Manager) unter Pauschalverdacht gestellt wird. Mich persönlich interessiert das Ganze nur mäßig. Wenn sich jemand strafbar macht, dann soll er bestraft werden. Ob er vorher den Hals nicht voll genug bekommen hat – wen interessiert das denn? Ich selbst zahle meine Steuern und was andere machen, ist deren Angelegenheit.

Doch halt! Die Steuersünder schaden doch auch mir, oder? Am Ende muss die Solidargemeinschaft der Steuerzahler für deren zu wenig gezahlte Steuern einstehen. Das ist natürlich ein naives Bild. Denn wann hat der Staat sein Besteuerungsvolumen schon einmal reduziert, weil er mehr eingenommen hat als geplant?

Wer glaubt denn schon daran, dass unsere Politiker z.B. die Mehrwertsteuersätze wieder auf 16% zurückführen, wenn die Finanzen dereinst saniert sind?

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