Aufgeben und Gewinnen

image Aufgeben ist nicht populär. »A winner never quits and a quitter never wins« – (Ein Gewinner gibt niemals auf und ein Aufgeber gewinnt niemals) sagen unsere angelsächsischen Kollegen.

Diese Einstellung ist solange gesund, wie wir unsere eigenen Ziele verfolgen und diese zumindest theoretisch er­reichbar sind.

Nun gibt es Zeitgenossen, die sich an Zielen abarbeiten, hinter denen sie gar nicht stehen. »Ich habe es angefangen und ich werde es zu ­ende bringen«, so Helmut Dörfer*, der techni­sche Leiter eines mittel­ständischen Unternehmens.

*Name von der Redaktion geändert

Der Preis ist heiß

Hinter dieser einfachen Aussage steht ein klares Ziel. Im nächsten Jahr wird der Eigentümer sich aus der Geschäftsführung zurückziehen. Entweder der technische Leiter oder der bisherige kaufmännische Leiter soll dann die Geschäftsführung übernehmen.

Eigentlich will Dörfer gar nicht an die Spitze. Als er aber vor fünf Jah­ren den Posten übernahm, war das eine Zukunfts-Option, die der Fir­menpatriarch ihm aufzeigte. Damals schien es richtig für ihn zu sein.

Ein heißer Krieg

Sein Konkurrent um den Posten ist sehr ehrgeizig und so fing vor zwei Jahren der tägliche Kleinkrieg an, in dem sich Dörfer ständig verteidi­gen muss. Als passionierter Schachspieler denkt er voraus und bleibt seinem Gegner nichts schuldig.

Allerdings schadet die Situation dem Unternehmen. Warum also spricht der Techniker nicht mit seinem Widerpart und steigt aus dem Wettbewerb aus, dessen Preis ihm ja ohnehin nichts mehr bedeu­tet?

Kaltes Blut

Rein rational fragt sich Dörfer das auch. Aber seine Erziehung lässt das nicht zu. Er ist so konditioniert, bis zum Letzten zu kämpfen. Selbst ein Hörsturz konnte ihn bisher nicht davon abhalten, das ungesunde Spiel fortzusetzen.

Keine Wahl

Tatsächlich befindet sich Dörfer in der Wahllosfalle. Es gibt nur die­ses eine Ziel für ihn. Die Alternative ist nur das Aufgeben und das kann und will er nicht.

»Angenommen, es gäbe diese ganze Sache nicht und Sie könnten sich ein neues Ziel suchen. Was wäre das?«

Dörfer hatte vor einigen Jahren eine Idee zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Elektromotoren und ließ sie sich patentieren. Im Zusammenhang mit dem Thema Elektromobilität bekommt seine Erfindung heute eine ganz neue Bedeutung.

Wenn er könnte, würde er daher gerne dieses Thema voranbringen.

Alternativer Antrieb

»Was hindert Sie daran?«

Wir ahnen es. Sein derzeitiger Job hält ihn davon ab. »Was würde passieren, wenn Sie dieselbe Hartnäckigkeit, niemals aufzugeben in ihre Erfindung stecken würden?«

Vermutlich mehr als wenn er es schaffen sollte, Geschäftsführer in einem Unternehmen zu werden, an dem sein Herz nicht hängt. Hier kann er nur verlieren.

Die neue Alternative macht es Dörfer leicht, sich von seinem bisheri­gen Ziel zu verabschieden. Er gibt nicht auf, sondern verfolgt eine Zu­kunft, die ihm definitiv mehr Sinn als der umkämpfte Geschäftsfüh­rer­pos­ten verspricht. Dort kann er nur gewinnen.

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