Das Risiko, vom Weg abzukommen

image In unserem Leben kann viel schief gehen, das wissen wir. Der gut­be­zah­lte Job, den wir annehmen, kann sich als Albtraum mit gutdo­tier­tem Schmer­zens­geld erweisen. Die In­ves­ti­t­i­on in einen neuen Markt kann zum Rohr­kre­pie­rer werden und das ganze Unternehmen rein­rei­ßen.

In den Unternehmen treffen wir keine Entscheidung, ohne dass nicht auch über die damit verbundenen Risiken nachgedacht wird. Allerdings meinen wir umgangssprachlich oft etwas anderes, als die Wissenschaftler.

Entscheiden unter Risiko

In der Entscheidungslehre bedeutet Risiko, dass wir wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte zukünftige Ereignisse ein­tref­fen. Es kann also zum Beispiel mit 73% Wahrscheinlichkeit so wie geplant laufen oder mit 17% Wahrscheinlichkeit anders.

Nicht risikolos

Liegen keine soliden statistischen Daten vor, kennen wir die Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht. Dann ist Pi mal Daumen an­ge­sagt. Während Pi bei 3.14159265 liegt, sieht jeder Daumen anders aus.

Diese verschärfte Form nennt sich bei den Wissenschaftlern Entscheiden unter Unsicherheit, wenn noch nicht einmal die Ein­tritts­wahr­schein­lich­kei­ten bekannt sind.

Babylonisches Risiko

Uns selbst ist natürlich das Gefühl nicht fremd, dass uns die eine oder andere Alternative zu riskant ist. Wir fühlen uns dann zu unsicher, für diese Entscheidung. Das war zwar so vom Wissenschaftler nicht gemeint, muss uns aber auch nicht weiter stören. 🙂

Allerdings sollten wir uns bewusst sein, dass Wissenschaft und Praxis nicht von denselben Dingen sprechen, auch wenn sie dieselben Worte verwenden. 😯

Praktiker unter sich

Praktiker wollen wissen, welche Risiken sie mit ihren Entscheidungen eingehen. Gemeint ist damit oft: Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn alles schief geht? Und wie wahrscheinlich ist das?

Viele meiner Kunden bekommen einen Lachanfall, wenn ich sie darauf hinweise, dass diese Vorgehensweise in der Wissenschaft “Minimale Reue” genannt wird. Denn unerwarteterweise passt der Name wie die Faust aufs Auge.

Das gehört zusammen

Risiken dieser Art sind Teil der Entscheidung. Wie viel Geld und Zeit können wir schlimmstenfalls verlieren? Gibt es einen Plan B, der uns auffängt, wenn alle Stricke reißen? Das sind Überlegungen, die wir anstellen, um die Entscheidung machbar zu machen.

Mit einem Plan B optimieren wir die betrachtete Alternative und versuchen sie so attraktiver für unsere Entscheidung zu machen.

Risikoneigung

Risiken wirken auf viele von uns entmutigend. Andere dagegen scheinen richtig aufzublühen, nachdem sie alles auf eine Karte gesetzt haben. Letzteres empfehle ich niemanden. Denn wenn es schief geht, haben wir vorläufig das Ende aller Ge­stal­tungs­spiel­räu­me erreicht.

Der Satz “no risk no fun”, hilft niemandem weiter. Wir sollten uns dagegen auf unsere Ziele konzentrieren. Unseren Entscheidungen geben unserem Handeln eine Richtung. Die richtige Entscheidung ist daher nicht diejenige, die am wenigsten Risiko verheißt, sondern die, die uns unserem Ziel näher bringt.

Wie wirkt sich das aus?

Wer in Eile ist, weil er gerade einer Chance hinterherjagt, muss oft Risiken eingehen. Denn Chancen wollen ja genutzt werden. Haben wir dagegen eine klare Vision können wir sie Schritt für Schritt umsetzen. Wir schaffen uns dann unsere Chancen selbst.

Lehrbuch Porsche

Geradezu lehrbuchmäßig konnten wir das bei Porsche beobachten. Über Jahre setzte das Unternehmen sein Ziels um, sich bei VW einzukaufen. So hatte man 40 Prozent der Stammaktien erworben, ohne sich finanziell zu überanstrengen.

Dann kam die Finanzkrise und aus welchen Gründen auch immer warf die damalige Porsche-Führung alle guten Vorsätze über Bord und wollte mit einem Schlag die Chance wahrnehmen, die Mehrheit an dem Automobilriesen zu übernehmen.

Eine Bank bot den Zuffenhausenern weitere 12 Prozent für einen Milliardenbetrag an, der das Unternehmern ganz klar überfordern würde. Aber VW hatte ja selbst große Rücklagen gebildet. So ent­schloss sich die Porsche-Führung zu zocken.

Es gab zwar keinen Automatismus, dass Porsche über die Mehrheit auch an das VW-Geld käme, aber das war die Karte, auf die Wendelin Wiedeking und sein Finanzchef Härter das eigene Unternehmen wet­te­ten und schließlich verloren. 😮

Das Ergebnis ist bekannt. Porsche ist heute nur noch eine Marke im VW-Konzern und damit eine Fußnote der Geschichte.

Vorsicht vor den “einmaligen Chancen”

Nicht jeder von uns möchte die Kontrolle über einen großen Automobilkonzern übernehmen. Nichtdestotrotz können wir alle eine Vision unserer eigenen Zukunft entwickeln und auf dieser Basis unsere Entscheidungen treffen.

Vorsicht ist immer dann angesagt, wenn wir plötzlich in Hektik und Stress geraten, weil eine angeblich einmalige Chance droht, sich durch ihr Zeitfenster zu verkrümeln.

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