Die Erfolgsgeschichte einer Verlegenheitslösung

Die Entwicklung der Sternstunde für Unternehmer

image “Was würden Sie uns denn zahlen, wenn Sie Ihren Vortrag bei uns halten?” Mit dieser Frage war ich 2005 konfrontiert, als ich einen meiner Vorträge in einer kleinen Gemeinde nahe Mainz platzieren wollte.

Der Fragesteller war Wirtschaftsförderer und aus seiner Sicht machte sie Sinn. Denn er hätte seine Unternehmer und Selbständigen in den Gemeindesaal einladen müssen und das Gebäude an dem Abend länger offen halten müssen. Zu seinen Aufgaben gehörte es, das örtliche Gewerbegebiet zu vermarkten, aber Vorträge für die örtliche Wirtschaft hatte er nicht in seinem Programm. Die Kosten sollte daher der Referent tragen.

Aller Anfang ist schwer

2005 hatte ich mich gerade vor einem Jahr selbständig gemacht und hatte weder diesen Blog noch Bücher veröffentlicht. Auch wenn ich für meine Vorträge kein Geld verlangte, waren sie schwer zu platzieren.

Ich war zu unbekannt und die Veranstalter konnten nicht kalkulieren, wie gut meine Veranstaltungen besucht sein würden. Tatsächlich waren sie immer proppenvoll mit einer einzigen Ausnahme.

Einmal hielt ich meinen Vortrag “Entscheiden ohne Reue” vor 3 Gründern im TGZ Karlsruhe. Der Veranstalter hatte lediglich einen Aushang gemacht. Das reicht in der Regel nicht, um Massen anzuziehen. 😮

Selbst mit meinen wachsenden guten Referenzen blieb es schwer, Vorträge halten zu dürfen. Ohne Buch und Blog war ich allerdings auf Vorträge angewiesen, um mich bekannt zu machen.

Gute Idee gesucht

Was also konnte ich tun? Auf meinen irgendwann stattfindenden Durchbruch hoffen? Es musste einen bessere Weg geben, um an Vorträge zu kommen!

Den gab es, aber auf eine völlig andere Art, als ich gedacht hätte.

Häufig kamen Zuhörer nach meinem Vortrag zu mir und sprachen mich auf meine Entscheidungsfallen an.

Ich freute mich über das Feedback. Schließlich wusste ich, dass ich der Einzige in Deutschland war, der sich mit dem Thema beschäftigte. Bald machte es mich aber auch nachdenklich. Denn nur etwa ein Viertel meines Vortrags beschäftige sich mit dieser Innovation.

Der Rest war zwar auch gut, wie mir meine Zuhörer bestätigten, aber eben auch meist schon bekannt.

Das kann passieren, wenn das Publikum aus Selbständigen, Unternehmern und Managern besteht. Sie haben schon so vieles gehört, dass die meisten Vorträge viele Wiederholungen enthalten.

Eingebung Kundenfeedback

Als sich die Feedbacks zu meinen Entscheidungsfallen häuften, kam mir eine ketzerische Idee: Ich könnte mich auf zehn Minuten Vortrag beschränken und das Gros der Leute wäre genauso zufrieden.

Aber wer würde zu einem Vortragsabend kommen, der lediglich zehn Minuten lang ist? “Da ist die Anfahrt ja schon länger”, hätten sich viele wohl gedacht.

Was aber, wenn es anderen Referenten ähnlich wie mir ginge? Könnte es sein, dass viele Referenten solche besonderen zehn Minuten hatten?

Fortan zählte ich in jedem Vortrag, den ich besuchte die spannenden Minuten. Die Spannweite betrug je nach Gesamtlänge des gehörten Vortrags zwischen 5 und 12 Minuten.

Die Zehnminuten-Idee

Was wäre, wenn wir diese spannenden Minuten bündeln könnten und über eine Stunde präsentieren würden? Dann wäre das eine wahre Sternstunde für die Zuhörer und für die Referenten folgerte ich.

Am besten wäre es, wenn ich sechs Referenten à zehn Minuten hätte.

Eine solche Veranstaltung wäre allein durch ihr Konzept so interessant, dass die Veranstalter sich kaum Gedanken machten würden, ob die beteiligten Referenten schon bekannt waren oder nicht.

Geburt einer Sternstunde

Ich sollte recht behalten. Ohne jegliche Probleme gelang es mir, fünf Pilotveranstaltungen unter dem prägnanten Namen “Sternstunde für Unternehmer” zu akquirieren.

Die Sternstunden waren nicht nur gut gefüllt, wir bekamen gleichzeitig auch ein phantastisches Feedback. Wir befragten jeden einzelnen Teilnehmer schriftlich.

Alle waren begeistert über das Tempo der Veranstaltung und die Anzahl der Impulse, die wir in einer Stunde transportierten. “Endlich eine Vortragsveranstaltung ohne jede Längen,” war der Kommentar eines Teilnehmers. “Selbst wenn ein Thema einen nicht interessiert, ist der nächste Referent so schnell dran, dass es einen nicht stört”, meinte ein anderer.

Erfolg in Erdrutschgeschwindigkeit

Die Pilotveranstaltungen hielten wir im Herbst 2006. Der Erfolg sprach sich so schnell herum, dass wir 2007 22 Veranstaltungen hatten. Das war definitiv mehr, als ich mir geschäftlich leisten wollte, schließlich stand hinter jeder einzelnen Sternstunde für Unternehmer auch Organisationsaufwand.

Daher nahm ich ab 2008 Partner zur Organisation auf. Das bremste uns zunächst, weil ab jetzt alles miteinander abgestimmt werden musste. 2009 wandelten wir die Sternstunde für Unternehmer in ein Referenten Netzwerk um. Wir brachten ein gemeinsames Referenten Jahrbuch heraus, mit den Profilen und vielen Fachartikeln unserer Referenten. Jeder Referent konnte ab jetzt eigenständig Veranstalter akquirieren und sein Team für die jeweilige Sternstunde zusammenstellen.

Ein echtes Netzwerk

Logischerweise entsteht so bald ein Geben und Nehmen. Wer schon von anderen als Referent eingeladen wurde, wird sich bei seiner eigenen Sternstunde für Unternehmer revanchieren. Wer selbst keine Veranstaltungen akquiriert, kommt bald gar nicht mehr zum Zug.

Letzteres stimmt natürlich nicht ganz. Denn zum einen will jeder seine Sternstunde mit Stars wie Graham P. Rogers (auch ein Mitglied) schmücken, zum anderen bin ich immer noch Hauptakquisiteur und stelle meine Veranstaltungen nach anderen Kriterien zusammen. Zudem teste ich natürlich auch laufend neue Referenten.

Die Chance für Referenten

Die Sternstunde für Unternehmer hat im Jahr 2010 eine große Eigendynamik entwickelt. Sie bietet inzwischen vielen Referenten die Möglichkeit, ohne viel Aufwand zu eigenen Vorträgen zu kommen.

Ironie der Geschichte

Für mich ist die Sache nicht ganz ohne Ironie abgelaufen. Denn nachdem dieser Blog bei vielen Google-Suchen zum Thema “Entscheidung”  ganz oben steht und ich in 2007 mein erstes Buch “Das Entscheider-Buch. 15 Entscheidungsfallen und wie man sie vermeidet” beim Hanser Verlag veröffentlicht hatte, brauche ich die Sternstunden nicht mehr, um Vorträge zu halten.

Heute heißt die Frage, die mir meine Gesprächspartner stellen: “Was dürfen wir für Ihren Vortrag kalkulieren?”

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