Heikle Investition ins Familienglück

image Anders als viele Entscheidungs-methoden vorgeben, machen wir uns im Alltag meist nur wenige Gedanken über Risiken, die wir mit unseren Entscheidungen ein-gehen.

Das erklärt sich  an einem ganz einfachen Faktum: Wir rechnen nicht von Natur aus mit genauen Wahrscheinlichkeiten.

Ein Schwiegersohn mit Geld

Ronald Kleinmann* überlegt, ob er in die Unternehmung seines Schwiegervaters investiert und in einigen Jahren die Nachfolge übernimmt.

Das Unternehmen warf vor der Wirtschafts- und Finanzkrise eine ordentliche Eigenkapitalrendite von 11 Prozent ab. Allerdings beruht diese auf der Hebelwirkung durch hohe Fremdkapitalanteile. Seit 2008 fährt das Unternehmen Verluste ein. So schrumpfte auch das Verhältnis Eigenkapital zu Fremdkapital. Jetzt droht die Überschuldung.

Risiken

Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es für Kleinmann mehrere Aspekte, die er berücksichtigen müsste. Zum einen gibt es keine Garantie, dass sich die Gewinnsituation bald stabilisiert. Die Verluste laufen jeden Tag auf. Frisches Geld würde lediglich den Atem des Unternehmens verlängern. An der Börse gibt es ein Sprichwort: Greife nie in ein fallendes Messer! Für das strauchelnde Unternehmen drängt sich auch das Bild eines freien Falls auf.

Ein anderer Aspekt ist die Frage, ob die Nachfolge sich tatsächlich jemals realisiert. Der Schwiegervater ist 62 Jahre alt und steht noch voll im Saft. Zudem hat der Investor keine Garantie, dass seine Ehe mit der Unternehmertochter Bestand hat. Die beiden lieben sich zwar, aber die offizielle Statistik ist gnadenlos. Die Erfolgschance der Ehe liegt danach lediglich bei 57,4 Prozent.

Das Fremdkapital besteht teilweise aus kurzfristigen Verbindlichkeiten bei Lieferanten und zum großen Teil bei einem ursprünglich langfristigen Kredit durch die Hausbank. Doch dessen Konditionen stehen in neun Monaten zur Neuverhandlung an. Das Fremdkapital könnte daher im schlimmsten Fall innerhalb von 9 Monaten fällig gestellt werden.

Upside

Sollte alles gut laufen, würde Kleinmann in einem Zeitrahmen von 10-20 Jahren mit seiner Frau Eigentümer eines gut laufenden Unternehmens werden.

Downside

Im Negativfall verliert er seine gesamten Ersparnisse und sein Haus.

In diesem Fall gibt es jede Menge Unsicherheiten. Von “Unsicherheit” spricht die Wissenschaft dann, wenn wir keine Erkenntnis über Eintritts-Wahrscheinlichkeiten haben. Wir wissen dann, dass es unterschiedliche Szenarien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten gibt, können Sie aber nicht quantifizieren.

Das gewisse Ungewisse

Die einzige Wahrscheinlichkeit, die wir kennen ist die offizielle Scheidungsquote in Deutschland. Auf diese sollten wir uns allerdings nicht verlassen. Denn jeder hat es ja selbst in der Hand, die eigene Trennungswahrscheinlichkeit zu beeinflussen. 🙂

Kontrolle über das Ungewisse

Genauso ist es allerdings mit allen anderen Faktoren. Wenn Kleinmann in das Unternehmen einsteigt, kann er Bedingungen stellen und dafür sorgen, dass sich die Gewinnsituation konsolidiert. Er kann mit dem Schwiegervater einen Nachfolgevertrag schließen und er kann mit der Bank, bzw. anderen Banken sprechen, um die Kredite langfristig zu sichern. Außerdem sind Gespräche mit der Belegschaft und gegenwärtigen und ehemaligen Kunden keine schlechte Idee.

Unterstützung sichert den Erfolg

Ich nenne das “Sicherung der größtmöglichen Unterstützung”, andere würden es vielleicht als Maßnahmen zur Erfolgssicherung bezeichnen. Wichtig ist dabei nur, dass wir uns die Unterstützung bereits vor unserer Entscheidung sichern. Bestimmte Bedingungen sind für Kleinmann unverzichtbar, wie z.B. die Maßnahmen zur Konsolidierung des Unternehmens, andere sindvielleicht nicht ganz so wichtig, wie der Nachfolgevertrag.

Am Ende jedenfalls wird er sich nur für den Einstieg entscheiden, wenn er sich sicher ist, dass alle Muss-Bedingungen geklärt und umsetzbar sind.

Risikoneigung

Dabei gibt es natürlich Restrisiken. Es hängt dann bei einzelnen Entscheider, wie viel Unsicherheit er ertragen kann.

Würden wir jetzt eine Entscheidungsmatrix für verschiedene Investitionsalternativen aufstellen, würde sich die Unsicherheit in die Bewertung der einzelnen Handlungsalternativen niederschlagen, aber die wenigsten Entscheider nutzten hier eine zahlenmäßige Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten. Denn die Schätzung wäre zu ungenau, um damit zu rechnen.

Banker und Milchmädchen – was ist der Unterschied?

Mein Tipp: Wenn Sie aus welchen Gründen auch immer Wahrscheinlichkeiten kennen, wie bei technischen Zusammenhängen, können Sie damit rechnen. Wenn es aber z.B. um die Schätzung von Eintrittswahrscheinlichkeiten geht, nutzen wir am besten eine implizite Bewertung wie Investor Kleinmann.

Motiviertes Ende

Der hat übrigens tatsächlich investiert. Sein Hautpmotiv: Die Familie braucht sein Geld. 😮 Zum Glück hat er sich aber vorher tatsächlich überall die notwendige Unterstützung gesichert. 🙂

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